an den Altwarenh€ndler und mehrfachen,
inzwischen aus dem  Leben geschiedenen  Realit€tenbesitzer Aaron  Wassertrum
gegen  Inempfangnahme  von  Geldeswert ver€uert  zu  haben, konnte  mangels
Glaubwìrdigkeit kein Gewicht beigelegt werden.
     Die Untersuchung hat weiters ergeben, da die Leiche des erw€hnten Karl
Zottmann in der rìckw€rtigen  Hosentasche  zur  Zeit  ihrer  Auffindung  ein
Notizbuch bei sich  trug,  in  der  sie  vermutlich bereits  einige Tage vor
erfolgtem Ableben  mehrere den Tatbestand erhellende und  die Ergreifung des
T€ters durch  die  k.  k. Behærden  erleichternde  Eintragungen  vorgenommen
hatte.
     Das Augenmerk einer hohen k. und k. Staatsanwaltschaft wurde demzufolge
auf  den  nunmehr  durch  die  Zottmannschen letztwilligen Notizen  dringend
verd€chtig  gewordenen  Loisa  Kw¡nitschka,  zurzeit  flìchtig, gelenkt und
unter  einem  verfìgt,   die  Untersuchungshaft  gegen  Athanasius  Pernath,
Gemmenschneider, dermalen noch  unbescholten, aufzuheben, und das  Verfahren
gegen ihn einzustellen.
     Prag im Juli
     gezeichnet
     Dr. Freiherr von Leisetreter."
      Der Boden schwankte unter meinen Fìen, und  ich verlor eine Minute das
Bewutsein.
     Als  ich erwachte,  sa  ich auf  einem  Stuhl, und der  Gefangenw€rter
klopfte mir freundlich auf die Schulter.
     Der Schreiber war vollkommen ruhig geblieben, schnupfte, schneuzte sich
und sagte zu mir:
     "Die Verlesung der Verfìgung hat sich bis heute hinausgezogen, weil Ihr
Name mit einem P€h  beginnt und naturgem€  im  Alphabet erst gegen Schlu
vorkommen kann." - Dann las er weiter:
     "berdies ist der Athanasius  Pernath, Gemmenschneider,  in Kenntnis zu
setzen,  da  ihm  laut  testamentarischer  Verfìgung des  im  Mai  mit  Tod
abgegangenen stud. med. Innocenz Charousek  ein Drittel  von dessen gesamter
Verlassenschaft ins Erbe zugefallen ist, und  ist er  zur Unterfertigung des
Protokolls hiermit anzuhalten."
     Der Schreiber  hatte bei dem letzten Wort die Feder eingetunkt und fing
an zu schmieren.
     Ich erwartete gewohnheitsm€ig, da  er meckern wìrde, aber er meckerte
nicht.
     "Innocenz Charousek", murmelte ich ihm wie geistesabwesend nach.
     Der Gefangenw€rter beugte sich ìber mich und flìsterte mir ins Ohr:
     "Kurz vor seinem Tode war  er bei mir, der Herr  Dr. Charousek, und hat
sich nach Ihnen erkundigt. Er l€t  Sie viel-vielmals grìen, hat er g'sagt.
Ich hab's natìrlich damals nicht ausrichten dìrfen. Es ist streng  verboten.
Ein schreckliches Ende hat  er ìbrigens genommen, der Herr Dr. Charousek. Er
hat  sich selbst  entleibt.  Man hat ihn  tot auf  dem Grabhìgel  des  Aaron
Wassertrum,  auf der Brust liegend, gefunden. - Er hat zwei  tiefe Læcher in
die  Erde  gegraben gehabt, sich  die Pulsadern aufgeschnitten  und dann die
Arme in  die Læcher gesteckt.  So ist  er verblutet. Er  ist  wahrscheinlich
wahnsinnig gewesen, der Herr Dr. Char - - -"
     Der Schreiber schob ger€uschvoll seinen  Stuhl zurìck und  reichte  mir
die Feder zum Unterschreiben.
     Dann  richtete  er  sich stolz  auf  und sagte genau im Tonfall  seines
freiherrlichen Vorgesetzten:
     "Gefangenw€rter, fìhren Sie den Mann hinaus."
     Der Boden schwankte unter meinen Fìen, und  ich verlor eine Minute das
Bewutsein.
     Als  ich erwachte,  sa  ich auf  einem  Stuhl, und der  Gefangenw€rter
klopfte mir freundlich auf die Schulter.
     Der Schreiber war vollkommen ruhig geblieben, schnupfte, schneuzte sich
und sagte zu mir:
     "Die Verlesung der Verfìgung hat sich bis heute hinausgezogen, weil Ihr
Name mit einem P€h  beginnt und naturgem€  im  Alphabet erst gegen Schlu
vorkommen kann." - Dann las er weiter:
     "berdies ist der Athanasius  Pernath, Gemmenschneider,  in Kenntnis zu
setzen,  da  ihm  laut  testamentarischer  Verfìgung des  im  Mai  mit  Tod
abgegangenen stud. med. Innocenz Charousek  ein Drittel  von dessen gesamter
Verlassenschaft ins Erbe zugefallen ist, und  ist er  zur Unterfertigung des
Protokolls hiermit anzuhalten."
     Der Schreiber  hatte bei dem letzten Wort die Feder eingetunkt und fing
an zu schmieren.
     Ich erwartete gewohnheitsm€ig, da  er meckern wìrde, aber er meckerte
nicht.
     "Innocenz Charousek", murmelte ich ihm wie geistesabwesend nach.
     Der Gefangenw€rter beugte sich ìber mich und flìsterte mir ins Ohr:
     "Kurz vor seinem Tode war  er bei mir, der Herr  Dr. Charousek, und hat
sich nach Ihnen erkundigt. Er l€t  Sie viel-vielmals grìen, hat er g'sagt.
Ich hab's natìrlich damals nicht ausrichten dìrfen. Es ist streng  verboten.
Ein schreckliches Ende hat  er ìbrigens genommen, der Herr Dr. Charousek. Er
hat  sich selbst  entleibt.  Man hat ihn  tot auf  dem Grabhìgel  des  Aaron
Wassertrum,  auf der Brust liegend, gefunden. - Er hat zwei  tiefe Læcher in
die  Erde  gegraben gehabt, sich  die Pulsadern aufgeschnitten  und dann die
Arme in  die Læcher gesteckt.  So ist  er verblutet. Er  ist  wahrscheinlich
wahnsinnig gewesen, der Herr Dr. Char - - -"
     Der Schreiber schob ger€uschvoll seinen  Stuhl zurìck und  reichte  mir
die Feder zum Unterschreiben.
     Dann  richtete  er  sich stolz  auf  und sagte genau im Tonfall  seines
freiherrlichen Vorgesetzten:
     "Gefangenw€rter, fìhren Sie den Mann hinaus."
      Wie  vor  langer,  langer Zeit hatte wiederum  der Mann  mit  S€bel und
Unterhosen im  Torzimmer seine  Kaffeemìhle vom  Scho genommen; nur da  er
mich diesmal  nicht untersuchte  und mir meine Edelsteine,  das Portemonnaie
mit den zehn Gulden darin, meinen Mantel und alles ìbrige zurìckgab. - - -
     Wie  vor  langer,  langer Zeit hatte wiederum  der Mann  mit  S€bel und
Unterhosen im  Torzimmer seine  Kaffeemìhle vom  Scho genommen; nur da  er
mich diesmal  nicht untersuchte  und mir meine Edelsteine,  das Portemonnaie
mit den zehn Gulden darin, meinen Mantel und alles ìbrige zurìckgab. - - -
      Dann stand ich auf der Strae.
     "Mirjam! Mirjam! Jetzt endlich naht das Widersehen!" - Ich unterdrìckte
einen Schrei wildesten Entzìckens.
     Es mute Mitternacht  sein.  Der  Vollmond schwebte  glanzlos  wie  ein
fahler Messingteller hinter Dunstschleiern.
     Das Pflaster war mit einer z€hen Schicht von Schmutz bedeckt.
     Ich  wankte  auf  eine  Droschke  zu,  die  im  Nebel  aussah  wie  ein
zusammengebrochenes vorsintflutliches  Ungeheuer. Meine Beine versagten fast
den Dienst; ich hatte das Gehen verlernt und taumelte - auf empfindungslosen
Sohlen wie ein Rìckenmarkskranker. - -
     "Kutscher, fahren Sie mich, so rasch Sie kænnen, in die Hahnpagasse 7!
- Haben Sie mich verstanden?: - Hahnpagasse 7."
        Frei
     Nach wenigen Metern Fahrt blieb die Droschke stehn.
     "Hahnpagass€, gn€' Herr?"
     "Ja, ja, nur rasch."
     Wieder fuhr der Wagen ein Stìck weiter. Wieder blieb er stehen.
     "Um Himmels willen, was gibt's denn?"
     "Hahnpagass€ì, gn€' Herr?"
     "Ja, ja. Ja doch."
     "In die Hahnpagass€ kann me doch nicht fahrr€hn!"
     "Warum denn nicht?"
     "Ise sich doch ieberall Pflaste aufgrissen, Judenstadt wirde sich  doch
assaniert."
     "Also fahren Sie eben, soweit Sie kænnen, aber jetzt rasch gef€lligst."
     Die  Droschke machte  einen  einzigen Galoppsprung und  stolperte  dann
gem€chlich weiter.
     Ich  lie die  klapprigen Fenster  herunter und sog mit gierigen Lungen
die Nachtluft ein.
     Alles war mir so fremd geworden, so unbegreiflich  neu: die H€user, die
Straen,  die  geschlossenen  L€den.  Ein  weier  Hund  trabte  einsam  und
migelaunt  auf  dem  nassen  Trottoir  vorìber.  Ich sah  ihm  nach. -  Wie
sonderbar!! Ein Hund! Ich  hatte ganz  vergessen, da es solche Tiere gab. -
Vor  Freude  kindisch rief ich ihm nach: "Aber,  aber!  Wie kann man nur  so
verdrossen sein." - - -
     Was Hillel wohl sagen wìrde!? - Und Mirjam?
     Nur noch wenige Minuten  und ich war  bei ihnen. Nicht eher wollte  ich
aufhæren, an ihre Tìr zu klopfen, bis ich sie aus den Federn getrieben.
     Jetzt war ja alles gut - all der Jammer dieses Jahres vorìber! -
     Wìrde das ein Weihnachten werden!
     Diesmal durfte ich es nicht verschlafen, wie das letztemal.
     Einen Augenblick lahmte mich wieder  das alte  Entsetzen: die Worte des
Str€flings mit der Raubtierschnauze fielen mir ein. Das verbrannte Gesicht -
der  Lustmord  - aber nein,  nein! - Ich schìttelte  es gewaltsam ab:  nein,
nein, es  konnte, es konnte nicht sein. - Mirjam lebte!  Ich hatte doch ihre
Stimme aus Laponders Mund gehært.
     Nur noch eine Minute - eine halbe - - und dann -
     Die   Droschke  hielt   vor   einem   Trìmmerhaufen.   Barrikaden   aus
Pflastersteinen ìberall!
     Rote Laternen brannten darauf.
     Beim Schein von Fackeln grub und schaufelte ein Heer von Arbeitern.
     Halden von  Schutt und Mauerbrocken  versperrten den Weg. Ich kletterte
umher, versank bis ans Knie.
     Das hier, das mute doch die Hahnpagasse sein?!
     Mìhsam orientierte ich mich. Nichts als Ruinen ringsum.
     Stand denn da nicht das Haus, in dem ich gewohnt hatte?
     Die Vorderseite war eingerissen.
     Ich kletterte  auf einen Erdhìgel; tief unter mir  lief ein  schwarzer,
gemauerter Gang die ehemalige Gasse  entlang. Ich schaute empor: wie riesige
Bienenzellen hingen die  blogelegten Wohnr€ume nebeneinander in  der  Luft,
halb vom Fackelschein, halb von dem trìben Mondlicht beschienen.
     Das dort  oben,  das mute mein Zimmer sein  -  ich erkannte es  an der
Bemalung der W€nde.
     Nur noch ein Streifen davon war ìbrig.
     Und daranstoend das Atelier - Saviolis. Mir wurde  plætzlich ganz leer
im Herzen. Wie seltsam! Das Atelier! - Angelina! - - So weit,  so unabsehbar
fern lag das alles hinter mir!
     Ich drehte mich um: von dem Haus, in dem Wassertrum gewohnt, kein Stein
mehr auf dem andern. Alles dem Erdboden gleichgemacht: der Trædlerladen, die
Kellerwohnung Charouseks - - - alles, alles.
     "Der Mensch geht dahin wie  ein Schatten"  - fiel mir ein Satz ein, den
ich einmal irgendwo gelesen.
     Ich fragte  einen  Arbeiter,  ob er  nicht wisse,  wo  die  Leute jetzt
wohnten, die hier  ausgezogen seien; ob er vielleicht den Archivar Schemajah
Hillel kenne.
     "Nix daitsch", war die Antwort.
     Ich schenkte dem  Mann  einen Gulden: er verstand zwar sofort  deutsch,
konnte mir aber keine Auskunft geben.
     Auch von seinen Kameraden niemand.
     Vielleicht, da beim "Loisitschek" etwas zu erfahren w€re?
     Der "Loisitschek" sei gesperrt, hie es, das Haus wìrde renoviert.
     Also irgend jemand in der Nachbarschaft wecken! - Ging das nicht?
     "Weit a  breit  wohnt  sich  keine Katz," sagte der Arbeiter; "weil ise
beh€rdlich verbotten. Von w€gen Typhus."
     "Der Ungelt? Der wird doch offen haben?"
     "Ungelt ise sich geschlossen."
     "Bestimmt?"
     "Bestimmt!"
     Aufs   Geratewohl   nannte  ich   ein  paar   Namen  von  Hæcklern  und
Tabaktrafikantinnen,  die in der N€he gewohnt hatten; dann die  Namen Zwakh,
Vrieslander, Prokop - -
     Bei allen schìttelte der Mann den Kopf.
     "Vielleicht kennen Sie den Jaromir Kw¡nitschka?"
     Der Arbeiter horchte auf.
     "Jaromir? Ise sich taubstumm?"
     Ich jubelte. Gott sei Dank. Wenigstens ein Bekannter.
     "Ja, er ist taubstumm. Wo wohnt er?"
     "Schneid 'e sich Bildeln aus? Aus schwarzem Pappjir?"
     "Ja. Er ist es schon. Wo kann ich ihn wohl treffen?"
     So umst€ndlich wie mæglich  bezeichnete mir  der Mann ein Nachtcaf©haus
in der inneren Stadt und fing sofort wieder an zu schaufeln.
     ber eine Stunde lang  watete  ich durch Schuttfelder, balancierte ìber
schwankende  Bretter  und  kroch  unter  Querbalken  durch, die  die Straen
versperrten. Das ganze Judenviertel war  eine  einzige Steinwìste, als h€tte
ein Erdbeben die Stadt zerstært.
     Atemlos vor  Aufregung, schmutzbedeckt und mit zerrissenen Schuhen fand
ich mich endlich aus dem Labyrinth heraus.
     Ein paar H€userreihen, und ich stand vor der gesuchten Spelunke.
     "Cafe Chaos" stand darìber geschrieben.
     Ein  menschenleeres,  winziges  Lokal, das kaum genìgend Platz lie fìr
die paar Tische, die an die W€nde gerìckt waren.
     In der Mitte auf  einem  dreibeinigen Billard schlief  ein  Kellner und
schnarchte.
     Ein Marktweib, mit einem  Gemìsekorb  vor  sich, sa  in der  Ecke  und
nickte ìber einem Glase Caj.
     Endlich geruhte  der Kellner  aufzustehen und mich  zu  fragen, was ich
wìnschte. Bei dem  frechen  Blick,  mit  dem  er  mich  vom Kopf bis zu  Fu
musterte, kam mir erst zum Bewutsem, wie abgerissen ich aussehen mute.
     Ich warf  einen Blick in  den Spiegel und entsetzte mich: ein  fremdes,
blutleeres  Gesicht, faltig, grau wie Kitt, mit struppigem Bart  und wirrem,
langem Haar starrte mir entgegen.
     Ob der Silhouettenschneider Jaromir nicht dagewesen sei, fragte ich und
bestellte schwarzen Kaffee.
     "Woa net, wo er so lang bleibt", war die geg€hnte Antwort.
     Dann legte sich der Kellner wieder auf das Billard und schlief weiter.
     Ich nahm das "Prager Tagblatt" von der Wand und - wartete.
     Die  Buchstaben  liefen wie Ameisen ìber  die  Seiten,  und ich begriff
nicht ein einziges Wort von dem, was ich las.
     Die Stunden  vergingen, und hinter den Scheiben zeigte sich bereits das
verd€chtige tiefe Dunkelblau, das den Einbruch der  Morgend€mmerung  fìr ein
Lokal mit Gasbeleuchtung anzeigt.
     Hie und  da  sp€hten ein  paar Schutzleute  mit  grìnlich  schillernden
Federbìschen herein und gingen in langsamem, schwerem Schritt wieder weiter.
     Drei ìbern€chtig aussehende Soldaten traten ein.
     Ein Straenkehrer nahm einen Schnaps.
     Endlich, endlich: Jaromir.
     Er  hatte   sich  so  ver€ndert,   da  ich  ihn   anfangs  gar   nicht
wiedererkannte: die  Augen erloschen, die Vorderz€hne ausgefallen,  das Haar
schìtter und tiefe Hæhlen hinter den Ohren.
     Ich war so froh, nach so langer  Zeit  wieder ein  bekanntes Gesicht zu
sehen, da ich aufsprang, ihm entgegenging und seine Hand fate.
     Er benahm  sich auerordentlich scheu und blickte immerw€hrend nach der
Tìre. Durch alle mæglichen Gesten suchte ich ihm begreiflich  zu machen, da
ich mich  freute, ihn getroffen zu haben. - Er  schien es mir lange nicht zu
glauben.
     Aber,  was fìr  Fragen  ich  auch stellte, stets die  gleiche  hilflose
Handbewegung des Nichtverstehens bei ihm.
     Wie konnte ich mich nur verst€ndlich machen?!
     Halt! Eine Idee!
     Ich  lie  mir einen  Bleistift geben und  zeichnete  nacheinander  die
Gesichter von Zwakh, Vrieslander und Prokop auf.
     "Was? Alle nicht mehr in Prag?"
     Er  fuchtelte  lebhaft  in  der  Luft  herum,  machte  die Geb€rde  des
Geldz€hlens, marschierte mit den Fingern ìber den Tisch, schlug sich auf den
Handrìcken. Ich erriet: alle drei hatten wahrscheinlich von  Charousek  Geld
bekommen und zogen  jetzt als  kaufm€nnische Kompagnie mit dem  vergræerten
Marionettentheater durch die Welt.
     "Und Hillel? Wo wohnt er jetzt?" - Ich zeichnete sein Gesicht, ein Haus
dazu und ein Fragezeichen.
     Das  Fragezeichen verstand Jaromir nicht; - er konnte nicht lesen, aber
er begriff, was ich wollte, - nahm ein Streichholz, warf es scheinbar in die
Hæhe und lie es nach Taschenspielerart geschickt verschwinden.
     Was bedeutete das? Hillel sollte auch verreist sein?
     Ich zeichnete das jìdische Rathaus auf.
     Der Taubstumme schìttelte heftig den Kopf.
     "Hillel ist also nicht mehr dort?"
     "Nein!" (Kopfschìtteln.)
     "Wo ist er denn?"
     Wieder das Spiel mit dem Streichholz.
     "Er meint halt, da  der Herr weg  ist, und niem'd  wei nicht, wohin",
mischte sich der  Straenkehrer, der uns die  ganze  Zeit  ìber interessiert
zugesehen hatte, belehrend ein.
     Vor Schreck krampfte sich  mir das Herz  zusammen: Hillel fort! - Jetzt
war ich  ganz allein auf der Welt. - - Die  Gegenst€nde im Zimmer fingen vor
meinen Augen an zu flimmern.
     "Und Mirjam?"
     Meine Hand zitterte so stark, da ich ihr Gesicht  lange  nicht €hnlich
zeichnen konnte.
     "Ist Mirjam auch verschwunden?"
     "Ja. Auch verschwunden. Spurlos."
     Ich stæhnte laut auf, lief im Zimmer hin und her, da die drei Soldaten
einander fragend anblickten.
     Jaromir  suchte  mich zu  beruhigen und bemìhte  sich,  mir noch  etwas
anderes  mitzuteilen, was er erfahren zu haben schien: er legte den Kopf auf
den Arm, wie jemand, der schl€ft.
     Ich hielt  mich an der  Tischplatte: "Um Gottes Christi  willen, Mirjam
ist gestorben?"
     Kopfschìtteln. Jaromir wiederholte die Geb€rde des Schlafens.
     "War Mirjam krank gewesen?" Ich zeichnete eine Medizinflasche.
     Kopfschìtteln. Wieder legte Jaromir die Stirn auf den Arm. - - -
     Das Zwielicht  kam, eine  Gasflamme nach  der  andern erlosch und  noch
immer konnte ich nicht herausbringen, was die Geste bedeuten sollte.
     Ich gab es auf. Dachte nach.
     Das einzige, was mir zu tun blieb, war, in aller Frìhe auf das jìdische
Rathaus zu gehen, um dort Erkundigungen einzuziehen, wohin Hillel mit Mirjam
gereist sein kænne.
     Ich mute ihm nach. - - -
     Wortlos sa ich neben Jaromir. Stumm und taub wie er.
     Als ich nach einer  langen Zeit  aufblickte, sah ich, da er mit  einer
Schere an einer Silhouette herumschnitt.
     Ich erkannte  das  Profil Rosinas. Er reichte  mir  das Blatt ìber  den
Tisch herìber, legte die Hand auf die Augen und - weinte still vor sich hin.
- -
     Dann sprang er plætzlich auf und taumelte ohne Gru zur Tìr hinaus.
     Dann stand ich auf der Strae.
     "Mirjam! Mirjam! Jetzt endlich naht das Widersehen!" - Ich unterdrìckte
einen Schrei wildesten Entzìckens.
     Es mute Mitternacht  sein.  Der  Vollmond schwebte  glanzlos  wie  ein
fahler Messingteller hinter Dunstschleiern.
     Das Pflaster war mit einer z€hen Schicht von Schmutz bedeckt.
     Ich  wankte  auf  eine  Droschke  zu,  die  im  Nebel  aussah  wie  ein
zusammengebrochenes vorsintflutliches  Ungeheuer. Meine Beine versagten fast
den Dienst; ich hatte das Gehen verlernt und taumelte - auf empfindungslosen
Sohlen wie ein Rìckenmarkskranker. - -
     "Kutscher, fahren Sie mich, so rasch Sie kænnen, in die Hahnpagasse 7!
- Haben Sie mich verstanden?: - Hahnpagasse 7."
        Frei
     Nach wenigen Metern Fahrt blieb die Droschke stehn.
     "Hahnpagass€, gn€' Herr?"
     "Ja, ja, nur rasch."
     Wieder fuhr der Wagen ein Stìck weiter. Wieder blieb er stehen.
     "Um Himmels willen, was gibt's denn?"
     "Hahnpagass€ì, gn€' Herr?"
     "Ja, ja. Ja doch."
     "In die Hahnpagass€ kann me doch nicht fahrr€hn!"
     "Warum denn nicht?"
     "Ise sich doch ieberall Pflaste aufgrissen, Judenstadt wirde sich  doch
assaniert."
     "Also fahren Sie eben, soweit Sie kænnen, aber jetzt rasch gef€lligst."
     Die  Droschke machte  einen  einzigen Galoppsprung und  stolperte  dann
gem€chlich weiter.
     Ich  lie die  klapprigen Fenster  herunter und sog mit gierigen Lungen
die Nachtluft ein.
     Alles war mir so fremd geworden, so unbegreiflich  neu: die H€user, die
Straen,  die  geschlossenen  L€den.  Ein  weier  Hund  trabte  einsam  und
migelaunt  auf  dem  nassen  Trottoir  vorìber.  Ich sah  ihm  nach. -  Wie
sonderbar!! Ein Hund! Ich  hatte ganz  vergessen, da es solche Tiere gab. -
Vor  Freude  kindisch rief ich ihm nach: "Aber,  aber!  Wie kann man nur  so
verdrossen sein." - - -
     Was Hillel wohl sagen wìrde!? - Und Mirjam?
     Nur noch wenige Minuten  und ich war  bei ihnen. Nicht eher wollte  ich
aufhæren, an ihre Tìr zu klopfen, bis ich sie aus den Federn getrieben.
     Jetzt war ja alles gut - all der Jammer dieses Jahres vorìber! -
     Wìrde das ein Weihnachten werden!
     Diesmal durfte ich es nicht verschlafen, wie das letztemal.
     Einen Augenblick lahmte mich wieder  das alte  Entsetzen: die Worte des
Str€flings mit der Raubtierschnauze fielen mir ein. Das verbrannte Gesicht -
der  Lustmord  - aber nein,  nein! - Ich schìttelte  es gewaltsam ab:  nein,
nein, es  konnte, es konnte nicht sein. - Mirjam lebte!  Ich hatte doch ihre
Stimme aus Laponders Mund gehært.
     Nur noch eine Minute - eine halbe - - und dann -
     Die   Droschke  hielt   vor   einem   Trìmmerhaufen.   Barrikaden   aus
Pflastersteinen ìberall!
     Rote Laternen brannten darauf.
     Beim Schein von Fackeln grub und schaufelte ein Heer von Arbeitern.
     Halden von  Schutt und Mauerbrocken  versperrten den Weg. Ich kletterte
umher, versank bis ans Knie.
     Das hier, das mute doch die Hahnpagasse sein?!
     Mìhsam orientierte ich mich. Nichts als Ruinen ringsum.
     Stand denn da nicht das Haus, in dem ich gewohnt hatte?
     Die Vorderseite war eingerissen.
     Ich kletterte  auf einen Erdhìgel; tief unter mir  lief ein  schwarzer,
gemauerter Gang die ehemalige Gasse  entlang. Ich schaute empor: wie riesige
Bienenzellen hingen die  blogelegten Wohnr€ume nebeneinander in  der  Luft,
halb vom Fackelschein, halb von dem trìben Mondlicht beschienen.
     Das dort  oben,  das mute mein Zimmer sein  -  ich erkannte es  an der
Bemalung der W€nde.
     Nur noch ein Streifen davon war ìbrig.
     Und daranstoend das Atelier - Saviolis. Mir wurde  plætzlich ganz leer
im Herzen. Wie seltsam! Das Atelier! - Angelina! - - So weit,  so unabsehbar
fern lag das alles hinter mir!
     Ich drehte mich um: von dem Haus, in dem Wassertrum gewohnt, kein Stein
mehr auf dem andern. Alles dem Erdboden gleichgemacht: der Trædlerladen, die
Kellerwohnung Charouseks - - - alles, alles.
     "Der Mensch geht dahin wie  ein Schatten"  - fiel mir ein Satz ein, den
ich einmal irgendwo gelesen.
     Ich fragte  einen  Arbeiter,  ob er  nicht wisse,  wo  die  Leute jetzt
wohnten, die hier  ausgezogen seien; ob er vielleicht den Archivar Schemajah
Hillel kenne.
     "Nix daitsch", war die Antwort.
     Ich schenkte dem  Mann  einen Gulden: er verstand zwar sofort  deutsch,
konnte mir aber keine Auskunft geben.
     Auch von seinen Kameraden niemand.
     Vielleicht, da beim "Loisitschek" etwas zu erfahren w€re?
     Der "Loisitschek" sei gesperrt, hie es, das Haus wìrde renoviert.
     Also irgend jemand in der Nachbarschaft wecken! - Ging das nicht?
     "Weit a  breit  wohnt  sich  keine Katz," sagte der Arbeiter; "weil ise
beh€rdlich verbotten. Von w€gen Typhus."
     "Der Ungelt? Der wird doch offen haben?"
     "Ungelt ise sich geschlossen."
     "Bestimmt?"
     "Bestimmt!"
     Aufs   Geratewohl   nannte  ich   ein  paar   Namen  von  Hæcklern  und
Tabaktrafikantinnen,  die in der N€he gewohnt hatten; dann die  Namen Zwakh,
Vrieslander, Prokop - -
     Bei allen schìttelte der Mann den Kopf.
     "Vielleicht kennen Sie den Jaromir Kw¡nitschka?"
     Der Arbeiter horchte auf.
     "Jaromir? Ise sich taubstumm?"
     Ich jubelte. Gott sei Dank. Wenigstens ein Bekannter.
     "Ja, er ist taubstumm. Wo wohnt er?"
     "Schneid 'e sich Bildeln aus? Aus schwarzem Pappjir?"
     "Ja. Er ist es schon. Wo kann ich ihn wohl treffen?"
     So umst€ndlich wie mæglich  bezeichnete mir  der Mann ein Nachtcaf©haus
in der inneren Stadt und fing sofort wieder an zu schaufeln.
     ber eine Stunde lang  watete  ich durch Schuttfelder, balancierte ìber
schwankende  Bretter  und  kroch  unter  Querbalken  durch, die  die Straen
versperrten. Das ganze Judenviertel war  eine  einzige Steinwìste, als h€tte
ein Erdbeben die Stadt zerstært.
     Atemlos vor  Aufregung, schmutzbedeckt und mit zerrissenen Schuhen fand
ich mich endlich aus dem Labyrinth heraus.
     Ein paar H€userreihen, und ich stand vor der gesuchten Spelunke.
     "Cafe Chaos" stand darìber geschrieben.
     Ein  menschenleeres,  winziges  Lokal, das kaum genìgend Platz lie fìr
die paar Tische, die an die W€nde gerìckt waren.
     In der Mitte auf  einem  dreibeinigen Billard schlief  ein  Kellner und
schnarchte.
     Ein Marktweib, mit einem  Gemìsekorb  vor  sich, sa  in der  Ecke  und
nickte ìber einem Glase Caj.
     Endlich geruhte  der Kellner  aufzustehen und mich  zu  fragen, was ich
wìnschte. Bei dem  frechen  Blick,  mit  dem  er  mich  vom Kopf bis zu  Fu
musterte, kam mir erst zum Bewutsem, wie abgerissen ich aussehen mute.
     Ich warf  einen Blick in  den Spiegel und entsetzte mich: ein  fremdes,
blutleeres  Gesicht, faltig, grau wie Kitt, mit struppigem Bart  und wirrem,
langem Haar starrte mir entgegen.
     Ob der Silhouettenschneider Jaromir nicht dagewesen sei, fragte ich und
bestellte schwarzen Kaffee.
     "Woa net, wo er so lang bleibt", war die geg€hnte Antwort.
     Dann legte sich der Kellner wieder auf das Billard und schlief weiter.
     Ich nahm das "Prager Tagblatt" von der Wand und - wartete.
     Die  Buchstaben  liefen wie Ameisen ìber  die  Seiten,  und ich begriff
nicht ein einziges Wort von dem, was ich las.
     Die Stunden  vergingen, und hinter den Scheiben zeigte sich bereits das
verd€chtige tiefe Dunkelblau, das den Einbruch der  Morgend€mmerung  fìr ein
Lokal mit Gasbeleuchtung anzeigt.
     Hie und  da  sp€hten ein  paar Schutzleute  mit  grìnlich  schillernden
Federbìschen herein und gingen in langsamem, schwerem Schritt wieder weiter.
     Drei ìbern€chtig aussehende Soldaten traten ein.
     Ein Straenkehrer nahm einen Schnaps.
     Endlich, endlich: Jaromir.
     Er  hatte   sich  so  ver€ndert,   da  ich  ihn   anfangs  gar   nicht
wiedererkannte: die  Augen erloschen, die Vorderz€hne ausgefallen,  das Haar
schìtter und tiefe Hæhlen hinter den Ohren.
     Ich war so froh, nach so langer  Zeit  wieder ein  bekanntes Gesicht zu
sehen, da ich aufsprang, ihm entgegenging und seine Hand fate.
     Er benahm  sich auerordentlich scheu und blickte immerw€hrend nach der
Tìre. Durch alle mæglichen Gesten suchte ich ihm begreiflich  zu machen, da
ich mich  freute, ihn getroffen zu haben. - Er  schien es mir lange nicht zu
glauben.
     Aber,  was fìr  Fragen  ich  auch stellte, stets die  gleiche  hilflose
Handbewegung des Nichtverstehens bei ihm.
     Wie konnte ich mich nur verst€ndlich machen?!
     Halt! Eine Idee!
     Ich  lie  mir einen  Bleistift geben und  zeichnete  nacheinander  die
Gesichter von Zwakh, Vrieslander und Prokop auf.
     "Was? Alle nicht mehr in Prag?"
     Er  fuchtelte  lebhaft  in  der  Luft  herum,  machte  die Geb€rde  des
Geldz€hlens, marschierte mit den Fingern ìber den Tisch, schlug sich auf den
Handrìcken. Ich erriet: alle drei hatten wahrscheinlich von  Charousek  Geld
bekommen und zogen  jetzt als  kaufm€nnische Kompagnie mit dem  vergræerten
Marionettentheater durch die Welt.
     "Und Hillel? Wo wohnt er jetzt?" - Ich zeichnete sein Gesicht, ein Haus
dazu und ein Fragezeichen.
     Das  Fragezeichen verstand Jaromir nicht; - er konnte nicht lesen, aber
er begriff, was ich wollte, - nahm ein Streichholz, warf es scheinbar in die
Hæhe und lie es nach Taschenspielerart geschickt verschwinden.
     Was bedeutete das? Hillel sollte auch verreist sein?
     Ich zeichnete das jìdische Rathaus auf.
     Der Taubstumme schìttelte heftig den Kopf.
     "Hillel ist also nicht mehr dort?"
     "Nein!" (Kopfschìtteln.)
     "Wo ist er denn?"
     Wieder das Spiel mit dem Streichholz.
     "Er meint halt, da  der Herr weg  ist, und niem'd  wei nicht, wohin",
mischte sich der  Straenkehrer, der uns die  ganze  Zeit  ìber interessiert
zugesehen hatte, belehrend ein.
     Vor Schreck krampfte sich  mir das Herz  zusammen: Hillel fort! - Jetzt
war ich  ganz allein auf der Welt. - - Die  Gegenst€nde im Zimmer fingen vor
meinen Augen an zu flimmern.
     "Und Mirjam?"
     Meine Hand zitterte so stark, da ich ihr Gesicht  lange  nicht €hnlich
zeichnen konnte.
     "Ist Mirjam auch verschwunden?"
     "Ja. Auch verschwunden. Spurlos."
     Ich stæhnte laut auf, lief im Zimmer hin und her, da die drei Soldaten
einander fragend anblickten.
     Jaromir  suchte  mich zu  beruhigen und bemìhte  sich,  mir noch  etwas
anderes  mitzuteilen, was er erfahren zu haben schien: er legte den Kopf auf
den Arm, wie jemand, der schl€ft.
     Ich hielt  mich an der  Tischplatte: "Um Gottes Christi  willen, Mirjam
ist gestorben?"
     Kopfschìtteln. Jaromir wiederholte die Geb€rde des Schlafens.
     "War Mirjam krank gewesen?" Ich zeichnete eine Medizinflasche.
     Kopfschìtteln. Wieder legte Jaromir die Stirn auf den Arm. - - -
     Das Zwielicht  kam, eine  Gasflamme nach  der  andern erlosch und  noch
immer konnte ich nicht herausbringen, was die Geste bedeuten sollte.
     Ich gab es auf. Dachte nach.
     Das einzige, was mir zu tun blieb, war, in aller Frìhe auf das jìdische
Rathaus zu gehen, um dort Erkundigungen einzuziehen, wohin Hillel mit Mirjam
gereist sein kænne.
     Ich mute ihm nach. - - -
     Wortlos sa ich neben Jaromir. Stumm und taub wie er.
     Als ich nach einer  langen Zeit  aufblickte, sah ich, da er mit  einer
Schere an einer Silhouette herumschnitt.
     Ich erkannte  das  Profil Rosinas. Er reichte  mir  das Blatt ìber  den
Tisch herìber, legte die Hand auf die Augen und - weinte still vor sich hin.
- -
     Dann sprang er plætzlich auf und taumelte ohne Gru zur Tìr hinaus.
      Der Archivar Schemajah Hillel sei  eines Tages ohne Grund  ausgeblieben
und nicht mehr wiedergekommen; seine Tochter habe er jedenfalls mitgenommen,
denn auch sie sei von niemand mehr gesehen worden seit jener Zeit, hatte man
mir  auf  dem jìdischen Rathaus  gesagt.  Das  war alles,  was  ich erfahren
konnte.
     Keine Spur, wohin sie sich gewandt haben mochten.
     Auf der Bank hie es, mein Geld sei gerichtlich immer noch mit Beschlag
belegt, man erwarte aber t€glich den Bescheid, es mir auszahlen zu dìrfen.
     Also auch  die Erbschaft  Charouseks mute noch  den Amtsweg gehen, und
ich  wartete  doch  mit  brennender  Ungeduld  auf  das Geld, um  dann alles
aufzubieten, Hillels und Mirjams Spur zu suchen.
     Der Archivar Schemajah Hillel sei  eines Tages ohne Grund  ausgeblieben
und nicht mehr wiedergekommen; seine Tochter habe er jedenfalls mitgenommen,
denn auch sie sei von niemand mehr gesehen worden seit jener Zeit, hatte man
mir  auf  dem jìdischen Rathaus  gesagt.  Das  war alles,  was  ich erfahren
konnte.
     Keine Spur, wohin sie sich gewandt haben mochten.
     Auf der Bank hie es, mein Geld sei gerichtlich immer noch mit Beschlag
belegt, man erwarte aber t€glich den Bescheid, es mir auszahlen zu dìrfen.
     Also auch  die Erbschaft  Charouseks mute noch  den Amtsweg gehen, und
ich  wartete  doch  mit  brennender  Ungeduld  auf  das Geld, um  dann alles
aufzubieten, Hillels und Mirjams Spur zu suchen.
      Ich hatte meine Edelsteine verkauft, die ich noch in der Tasche gehabt,
und mir  zwei  kleine,  mæblierte,  aneinanderstoende  Dachkammern  in  der
Altschulgasse -  die einzige  Gasse, die von der Assanierung der  Judenstadt
verschont geblieben, - gemietet.
     Sonderbarer Zufall: es war dasselbe wohlbekannte Haus, von dem die Sage
ging, der Golem sei einst darin verschwunden.
     Ich  hatte mich  bei  den  Bewohnern  - zumeist  kleine  Kaufleute oder
Handwerker - erkundigt, was  denn Wahres an dem Gerìcht von dem "Zimmer ohne
Zugang"  sei, und war ausgelacht  worden. -  Wie man einen derartigen Unsinn
denn glauben kænne!
     Meine eigenen Erlebnisse,  die sich darauf bezogen, hatten im Gef€ngnis
die  Bl€sse eines  l€ngst verwehten  Traumbildes  angenommen und ich sah  in
ihnen nur noch Symbole ohne Blut und Leben, - strich sie aus dem Buch meiner
Erinnerungen.
     Die Worte Laponders, die ich zuweilen so klar in mir hærte, als s€e er
mir gegenìber wie damals in der Zelle und  spr€che  zu mir,  best€rkten mich
darin, da ich rein innerlich geschaut haben mìsse, was mir ehedem greifbare
Wirklichkeit geschienen.
     War denn nicht alles vergangen und verschwunden, was ich einst besessen
hatte? Das Buch  Ibbur, das  phantastische  Tarockspiel, Angelina  und sogar
meine alten Freunde Zwakh, Vrieslander und Prokop! - - -
     Ich hatte meine Edelsteine verkauft, die ich noch in der Tasche gehabt,
und mir  zwei  kleine,  mæblierte,  aneinanderstoende  Dachkammern  in  der
Altschulgasse -  die einzige  Gasse, die von der Assanierung der  Judenstadt
verschont geblieben, - gemietet.
     Sonderbarer Zufall: es war dasselbe wohlbekannte Haus, von dem die Sage
ging, der Golem sei einst darin verschwunden.
     Ich  hatte mich  bei  den  Bewohnern  - zumeist  kleine  Kaufleute oder
Handwerker - erkundigt, was  denn Wahres an dem Gerìcht von dem "Zimmer ohne
Zugang"  sei, und war ausgelacht  worden. -  Wie man einen derartigen Unsinn
denn glauben kænne!
     Meine eigenen Erlebnisse,  die sich darauf bezogen, hatten im Gef€ngnis
die  Bl€sse eines  l€ngst verwehten  Traumbildes  angenommen und ich sah  in
ihnen nur noch Symbole ohne Blut und Leben, - strich sie aus dem Buch meiner
Erinnerungen.
     Die Worte Laponders, die ich zuweilen so klar in mir hærte, als s€e er
mir gegenìber wie damals in der Zelle und  spr€che  zu mir,  best€rkten mich
darin, da ich rein innerlich geschaut haben mìsse, was mir ehedem greifbare
Wirklichkeit geschienen.
     War denn nicht alles vergangen und verschwunden, was ich einst besessen
hatte? Das Buch  Ibbur, das  phantastische  Tarockspiel, Angelina  und sogar
meine alten Freunde Zwakh, Vrieslander und Prokop! - - -
      Es war Weihnachtsabend, und  ich hatte mir einen kleinen Baum mit roten
Kerzen  nach  Hause  gebracht.  Ich  wollte  noch  einmal   jung  sein   und
Lichterglanz um mich  haben  und  den  Duft von Tannennadeln  und brennendem
Wachs.
     Ehe das Jahr noch zu Ende  ging, war ich vielleicht schon unterwegs und
suchte in St€dten und Dærfern, oder  wohin  es mich innerlich  ziehen wìrde,
nach Hillel und Mirjam.
     Alle Ungeduld,  alles  Warten war allm€hlich von mir  gewichen und alle
Furcht, Mirjam kænne ermordet worden sein, und mit dem Herzen wute ich, ich
wìrde sie beide finden.
     Es  war ein best€ndiges glìckliches L€cheln in mir,  und wenn ich meine
Hand auf etwas legte, kam  mir's vor, als ginge ein Heilen von ihr aus.  Die
Zufriedenheit eines Menschen,  der nach  langer Wanderung  heimkehrt und die
Tìrme seiner  Vaterstadt von weitem blinken  sieht,  erfìllte  mich auf ganz
sonderbare Weise.
     Einmal war ich noch in dem kleinen  Kaffeehaus gewesen, um  Jaromir zum
Weihnachtsabend zu mir  zu  holen. - Er  habe sich  nie mehr blicken lassen,
erfuhr ich,  und schon wollte ich  betrìbt  wieder gehen,  da kam  ein alter
Tabulettkr€mer herein und bot kleine, wertlose Antiquit€ten zum Kauf an.
     Ich  kramte in  seinem Kasten  unter  all  den  Uhranh€ngseln,  kleinen
Kruzifixen, Kammnadeln und  Broschen herum, da  fiel mir ein  Herz aus rotem
Stein an  einem verschossenen Seidenbande in die Hand, und  ich erkannte  es
voll Erstaunen als das Andenken, das mir Angelina, als  sie noch ein kleines
M€dchen gewesen, einst beim Springbrunnen in ihrem Schlo geschenkt hatte.
     Und mit einem Schlag  stand meine Jugendzeit  vor mir, als  s€he ich in
einen Guckkasten tief hinein in ein kindlich gemaltes Bild. -
     Lange, lange stand ich erschìttert da und starrte auf das  kleine, rote
Herz in meiner Hand. - - -
     Es war Weihnachtsabend, und  ich hatte mir einen kleinen Baum mit roten
Kerzen  nach  Hause  gebracht.  Ich  wollte  noch  einmal   jung  sein   und
Lichterglanz um mich  haben  und  den  Duft von Tannennadeln  und brennendem
Wachs.
     Ehe das Jahr noch zu Ende  ging, war ich vielleicht schon unterwegs und
suchte in St€dten und Dærfern, oder  wohin  es mich innerlich  ziehen wìrde,
nach Hillel und Mirjam.
     Alle Ungeduld,  alles  Warten war allm€hlich von mir  gewichen und alle
Furcht, Mirjam kænne ermordet worden sein, und mit dem Herzen wute ich, ich
wìrde sie beide finden.
     Es  war ein best€ndiges glìckliches L€cheln in mir,  und wenn ich meine
Hand auf etwas legte, kam  mir's vor, als ginge ein Heilen von ihr aus.  Die
Zufriedenheit eines Menschen,  der nach  langer Wanderung  heimkehrt und die
Tìrme seiner  Vaterstadt von weitem blinken  sieht,  erfìllte  mich auf ganz
sonderbare Weise.
     Einmal war ich noch in dem kleinen  Kaffeehaus gewesen, um  Jaromir zum
Weihnachtsabend zu mir  zu  holen. - Er  habe sich  nie mehr blicken lassen,
erfuhr ich,  und schon wollte ich  betrìbt  wieder gehen,  da kam  ein alter
Tabulettkr€mer herein und bot kleine, wertlose Antiquit€ten zum Kauf an.
     Ich  kramte in  seinem Kasten  unter  all  den  Uhranh€ngseln,  kleinen
Kruzifixen, Kammnadeln und  Broschen herum, da  fiel mir ein  Herz aus rotem
Stein an  einem verschossenen Seidenbande in die Hand, und  ich erkannte  es
voll Erstaunen als das Andenken, das mir Angelina, als  sie noch ein kleines
M€dchen gewesen, einst beim Springbrunnen in ihrem Schlo geschenkt hatte.
     Und mit einem Schlag  stand meine Jugendzeit  vor mir, als  s€he ich in
einen Guckkasten tief hinein in ein kindlich gemaltes Bild. -
     Lange, lange stand ich erschìttert da und starrte auf das  kleine, rote
Herz in meiner Hand. - - -
      Ich sa in  der Dachkammer und lauschte dem  Knistern der Tannennadeln,
wenn hie und da ein kleiner Zweig ìber den Wachskerzen zu glimmen begann.
     "Vielleicht  spielt gerade  jetzt  in  dieser  Stunde  der  alte  Zwakh
irgendwo in der Welt  seinen  Marionettenweihnachtsabend",  malte  ich mir
aus,  -  "und  deklamiert  mit  geheimnisvoller  Stimme die  Strophe  seines
Lieblingsdichters Oskar Wiener":
     Wo ist das Herz aus rotem Stein?
     Es h€ngt an einem Seidenbande.
     O du, o gib das Herz nicht her;
     Ich war ihm treu und hatt' es lieb,
     Und diente sieben Jahre schwer
     Um dieses Herz, und hatt' es lieb!"
     Eigentìmlich feierlich wurde mir plætzlich zumute.
     Die  Kerzen  waren heruntergebrannt. Nur eine  einzige flackerte  noch.
Rauch ballte sich im Zimmer.
     Als ob mich eine Hand zæge, wandte ich mich plætzlich um und:
     Da  stand mein Ebenbild auf der Schwelle. Mein  Doppelg€nger.  In einem
weien Mantel. Eine Krone auf dem Kopf.
     Nur einen Augenblick.
     Dann  brachen  Flammen  durch  das  Holz   der  Tìr,   und  eine  Wolke
erstickenden heien Qualms schlug herein:
     Feuersbrunst im Haus! Feuer! Feuer!
     Ich sa in  der Dachkammer und lauschte dem  Knistern der Tannennadeln,
wenn hie und da ein kleiner Zweig ìber den Wachskerzen zu glimmen begann.
     "Vielleicht  spielt gerade  jetzt  in  dieser  Stunde  der  alte  Zwakh
irgendwo in der Welt  seinen  Marionettenweihnachtsabend",  malte  ich mir
aus,  -  "und  deklamiert  mit  geheimnisvoller  Stimme die  Strophe  seines
Lieblingsdichters Oskar Wiener":
     Wo ist das Herz aus rotem Stein?
     Es h€ngt an einem Seidenbande.
     O du, o gib das Herz nicht her;
     Ich war ihm treu und hatt' es lieb,
     Und diente sieben Jahre schwer
     Um dieses Herz, und hatt' es lieb!"
     Eigentìmlich feierlich wurde mir plætzlich zumute.
     Die  Kerzen  waren heruntergebrannt. Nur eine  einzige flackerte  noch.
Rauch ballte sich im Zimmer.
     Als ob mich eine Hand zæge, wandte ich mich plætzlich um und:
     Da  stand mein Ebenbild auf der Schwelle. Mein  Doppelg€nger.  In einem
weien Mantel. Eine Krone auf dem Kopf.
     Nur einen Augenblick.
     Dann  brachen  Flammen  durch  das  Holz   der  Tìr,   und  eine  Wolke
erstickenden heien Qualms schlug herein:
     Feuersbrunst im Haus! Feuer! Feuer!
      Ich reie das Fenster auf. Klettere auf das Dach hinaus.
     Von weitem rast schon das gellende Klingeln der Feuerwehr heran.
     Blitzende Helme und abgehackte Kommandorufe.
     Dann das gespenstische,  rhythmische, schlapfende Atmen der Pumpen, wie
die  D€monen des  Wassers  sich  ducken  zum  Sprung auf ihren Todfeind: das
Feuer.
     Glas klirrt und rote Lohe schiet aus allen Fenstern.
     Matratzen  werden hinuntergeworfen, die ganze Strae  liegt voll davon,
Menschen springen nach, werden verwundet weggetragen.
     In mir aber jauchzt  etwas auf  in wilder jubelnder Ekstase;  ich  wei
nicht warum. Das Haar str€ubt sich mir.
     Ich laufe auf den Schornstein zu, um nicht versengt zu werden, denn die
Flammen greifen nach mir.
     Das Seil eines Rauchfangkehrers ist herumgewickelt.
     Ich rolle es  auf, schlinge es um Handgelenk und Bein, wie  ich es  als
Knabe  beim  Turnen  gelernt  habe, und lasse mich ruhig  an der Fassade des
Hauses hinab. -
     Komme an einem Fenster vorbei. Blicke hinein:
     Drin ist alles blendend erleuchtet.
     Und  da sehe ich  - - - da sehe ich - -  - mein ganzer Kærper wird  ein
einziger hallender Freudenschrei:
     "Hillel! Mirjam! Hillel!"
     Ich will auf die Gitterst€be losspringen.
     Greife daneben. Verliere den Halt am Seil.
     Einen  Augenblick h€nge ich, Kopf abw€rts, die Beine gekreuzt, zwischen
Himmel und Erde.
     Das Seil singt bei dem Ruck. Knirschend dehnen sich die Fasern.
     Ich falle.
     Mein Bewutsein erlischt.
     Noch im Sturz greife ich nach dem Fenstersims, aber ich gleite ab. Kein
Halt:
     der Stein ist glatt.
     Glatt wie ein Stìck Fett.
     Ich reie das Fenster auf. Klettere auf das Dach hinaus.
     Von weitem rast schon das gellende Klingeln der Feuerwehr heran.
     Blitzende Helme und abgehackte Kommandorufe.
     Dann das gespenstische,  rhythmische, schlapfende Atmen der Pumpen, wie
die  D€monen des  Wassers  sich  ducken  zum  Sprung auf ihren Todfeind: das
Feuer.
     Glas klirrt und rote Lohe schiet aus allen Fenstern.
     Matratzen  werden hinuntergeworfen, die ganze Strae  liegt voll davon,
Menschen springen nach, werden verwundet weggetragen.
     In mir aber jauchzt  etwas auf  in wilder jubelnder Ekstase;  ich  wei
nicht warum. Das Haar str€ubt sich mir.
     Ich laufe auf den Schornstein zu, um nicht versengt zu werden, denn die
Flammen greifen nach mir.
     Das Seil eines Rauchfangkehrers ist herumgewickelt.
     Ich rolle es  auf, schlinge es um Handgelenk und Bein, wie  ich es  als
Knabe  beim  Turnen  gelernt  habe, und lasse mich ruhig  an der Fassade des
Hauses hinab. -
     Komme an einem Fenster vorbei. Blicke hinein:
     Drin ist alles blendend erleuchtet.
     Und  da sehe ich  - - - da sehe ich - -  - mein ganzer Kærper wird  ein
einziger hallender Freudenschrei:
     "Hillel! Mirjam! Hillel!"
     Ich will auf die Gitterst€be losspringen.
     Greife daneben. Verliere den Halt am Seil.
     Einen  Augenblick h€nge ich, Kopf abw€rts, die Beine gekreuzt, zwischen
Himmel und Erde.
     Das Seil singt bei dem Ruck. Knirschend dehnen sich die Fasern.
     Ich falle.
     Mein Bewutsein erlischt.
     Noch im Sturz greife ich nach dem Fenstersims, aber ich gleite ab. Kein
Halt:
     der Stein ist glatt.
     Glatt wie ein Stìck Fett.
      Schlu
     "- - - wie ein Stìck fett!"
     Das ist der Stein, der aussieht wie ein Stìck Fett.
     Die  Worte gellen mir  noch in  den Ohren. Dann richte ich mich auf und
mu mich besinnen, wo ich bin.
     Ich liege im Bett und wohne im Hotel.
     Ich heie doch gar nicht Pernath.
     Habe ich das alles nur getr€umt?
     Nein! So tr€umt man nicht.
     Ich schaue auf die  Uhr: kaum eine Stunde habe ich  geschlafen.  Es ist
halb drei.
     Und dort h€ngt der fremde  Hut, den ich heute  im Dom auf dem Hradschin
verwechselt habe, als ich beim Hochamt auf der Betbank sa.
     Steht ein Name darin?
     Ich  nehme  ihn  und  lese  in   goldenen  Buchstaben  auf  dem  weien
Seidenfutter den fremden und doch so bekannten Namen:
        ATHANASIUS PERNATH
     Jetzt l€t  es mir keine  Ruhe mehr; ich ziehe mich hastig an und laufe
die Treppe hinunter.
     "Portier! Aufmachen! Ich gehe noch eine Stunde spazieren."
     "Wohin, bitt sch€n?"
     "In  die Judenstadt. In die Hahnpagasse. Gibt's ìberhaupt eine Strae,
die so heit?"
     "Freilich,  freilich"  -  der Portier  l€chelt malitiæs - "aber in  der
Judenstadt, ich mache aufmerksam: ist nicht mehr viel los. Alles neu gebaut,
bitte."
     "Macht nichts. Wo liegt die Hahnpagasse?"
     Der dicke Finger des Portiers deutet auf die Karte: "Hier, bitte."
     "Und die Schenke Zum Loisitschek?"
     "Hier, bitte."
     "Geben Sie mir ein groes Stìck Papier."
     "Hier, bitte."
     Ich  wickle Pernaths Hut  hinein. Merkwìrdig: er ist fast neu, tadellos
sauber und doch so brìchig, als w€re er uralt. -
     Unterwegs ìberlege ich:
     Alles, was  dieser Athanasius  Pernath erlebt  hat, habe  ich  im Traum
miterlebt, in einer Nacht mitgesehen, mitgehært, mitgefìhlt, als w€re ich er
gewesen. Warum  wei ich denn aber nicht,  was er in dem Augenblick, als der
Strick  ri und er "Hillel, Hillel!" rief, hinter dem Gitterfenster erblickt
hat?
     Er hat sich in diesem Augenblick von mir getrennt, begreife ich.
     Ich mu diesen Athanasius Pernath auffinden, und wenn ich drei Tage und
drei N€chte herumlaufen sollte, nehme ich mir vor. - - -
        Schlu
     "- - - wie ein Stìck fett!"
     Das ist der Stein, der aussieht wie ein Stìck Fett.
     Die  Worte gellen mir  noch in  den Ohren. Dann richte ich mich auf und
mu mich besinnen, wo ich bin.
     Ich liege im Bett und wohne im Hotel.
     Ich heie doch gar nicht Pernath.
     Habe ich das alles nur getr€umt?
     Nein! So tr€umt man nicht.
     Ich schaue auf die  Uhr: kaum eine Stunde habe ich  geschlafen.  Es ist
halb drei.
     Und dort h€ngt der fremde  Hut, den ich heute  im Dom auf dem Hradschin
verwechselt habe, als ich beim Hochamt auf der Betbank sa.
     Steht ein Name darin?
     Ich  nehme  ihn  und  lese  in   goldenen  Buchstaben  auf  dem  weien
Seidenfutter den fremden und doch so bekannten Namen:
        ATHANASIUS PERNATH
     Jetzt l€t  es mir keine  Ruhe mehr; ich ziehe mich hastig an und laufe
die Treppe hinunter.
     "Portier! Aufmachen! Ich gehe noch eine Stunde spazieren."
     "Wohin, bitt sch€n?"
     "In  die Judenstadt. In die Hahnpagasse. Gibt's ìberhaupt eine Strae,
die so heit?"
     "Freilich,  freilich"  -  der Portier  l€chelt malitiæs - "aber in  der
Judenstadt, ich mache aufmerksam: ist nicht mehr viel los. Alles neu gebaut,
bitte."
     "Macht nichts. Wo liegt die Hahnpagasse?"
     Der dicke Finger des Portiers deutet auf die Karte: "Hier, bitte."
     "Und die Schenke Zum Loisitschek?"
     "Hier, bitte."
     "Geben Sie mir ein groes Stìck Papier."
     "Hier, bitte."
     Ich  wickle Pernaths Hut  hinein. Merkwìrdig: er ist fast neu, tadellos
sauber und doch so brìchig, als w€re er uralt. -
     Unterwegs ìberlege ich:
     Alles, was  dieser Athanasius  Pernath erlebt  hat, habe  ich  im Traum
miterlebt, in einer Nacht mitgesehen, mitgehært, mitgefìhlt, als w€re ich er
gewesen. Warum  wei ich denn aber nicht,  was er in dem Augenblick, als der
Strick  ri und er "Hillel, Hillel!" rief, hinter dem Gitterfenster erblickt
hat?
     Er hat sich in diesem Augenblick von mir getrennt, begreife ich.
     Ich mu diesen Athanasius Pernath auffinden, und wenn ich drei Tage und
drei N€chte herumlaufen sollte, nehme ich mir vor. - - -
      Also das ist die Hahnpagasse?
     Nicht ann€hernd so habe ich sie im Traum gesehen! -
     Lauter neue H€user.
     Eine  Minute  sp€ter  sitze  ich im  Caf©  Loisitschek.  Ein stilloses,
ziemlich sauberes Lokal.
     Im Hintergrund  allerdings eine Estrade mit  Holzgel€nder; eine gewisse
hnlichkeit mit dem alten getr€umten "Loisitschek" ist nicht zu leugnen.
     "Befehlen,  bitt' schæn?",  fragt die Kellnerin, ein dralles  M€del, in
einen rotsamtenen Frack buchst€blich hineingeknallt.
     "Kognak, Fr€ulein. - So, danke."
     Also das ist die Hahnpagasse?
     Nicht ann€hernd so habe ich sie im Traum gesehen! -
     Lauter neue H€user.
     Eine  Minute  sp€ter  sitze  ich im  Caf©  Loisitschek.  Ein stilloses,
ziemlich sauberes Lokal.
     Im Hintergrund  allerdings eine Estrade mit  Holzgel€nder; eine gewisse
hnlichkeit mit dem alten getr€umten "Loisitschek" ist nicht zu leugnen.
     "Befehlen,  bitt' schæn?",  fragt die Kellnerin, ein dralles  M€del, in
einen rotsamtenen Frack buchst€blich hineingeknallt.
     "Kognak, Fr€ulein. - So, danke."
      "- Hm. Fr€ulein!"
     "Bitte?"
     "Wem gehært das Kaffeehaus?"
     "Dem Herrn Kommerzialrat Loisitschek. -  Das ganze Haus gehært ihm. Ein
sehr feiner reicher Herr."
     - Aha, der Kerl  mit  den Schweinsz€hnen  an der Uhrkette! erinnere ich
mich. -
     Ich habe einen guten Einfall, der mich orientieren wird:
     "Fr€ulein!"
     "Bitte?"
     "Wann ist die steinerne Brìcke eingestìrzt?"
     "Vor dreiunddreiig Jahren."
     "Hm. Vor  dreiunddreiig  Jahren!" -  ich ìberlege: der Gemmenschneider
Pernath mu also jetzt fast neunzig sein.
     "Fr€ulein!"
     "Bitte?"
     "Ist  hier niemand unter den  G€sten, der sich noch erinnern kann,  wie
die alte Judenstadt  von damals ausgesehen hat? Ich bin  Schriftsteller  und
interessiere mich dafìr."
     Die Kellnerin denkt nach: "Von den G€sten? Nein. - Aber warten S':  der
Billardmarqueur,  der dort  mit einem Studenten Carambol spielt, - sehen Sie
ihn? Der  mit der Hakennase, der Alte, - der hat  immer hier gelebt und wird
Ihnen alles sagen. Soll ich ihn rufen, wenn er fertig ist?"
     Ich folgte dem Blick des M€dchens:
     Ein  schlanker,  weihaariger, alter Mann lehnt drìben  am Spiegel  und
kreidet seine Queue.  Ein verwìstetes, aber seltsam vornehmes Gesicht. Woran
erinnert er mich nur?
     "Fr€ulein, wie heit der Marqueur?"
     Die Kellnerin  stìtzt sich im Stehen mit dem Ellenbogen auf  den Tisch,
leckt  an einem Bleistift,  schreibt in Windeseile ihren Vornamen  unz€hlige
Male  auf die  Marmorplatte  und læscht ihn jedesmal mit nassem Finger rasch
wieder aus.  Dazwischen  wirft sie mir mehr oder  minder sengende Glutblicke
zu;  -  je  nachdem   sie  ihr  gelingen.   Unerl€lich  ist  natìrlich  das
gleichzeitige  Emporziehen der Augenbrauen, denn es erhæht  das M€rchenhafte
des Blickes.
     "Fr€ulein,  wie heit der  Marqueur?", wiederhole ich meine Frage.  Ich
sehe ihr an, sie h€tte lieber  gehært: Fr€ulein, warum tragen  Sie nicht nur
einen  Frack? oder  etwas hnliches, aber ich frage es nicht;  mir geht mein
Traum zu sehr im Kopf herum.
     "No,  wie  wird  er denn heien," schmollt sie, "Ferri  heit  er halt.
Ferri Athenst€dt."
     "So so? Ferri Athenst€dt! - Hm, - also wieder ein alter Bekannter."
     "Erz€hlen Sie mir doch recht, recht viel von ihm, Fr€ulein," girre ich,
mu mich aber sofort mit einem Kognak st€rken, "Sie plaudern gar so herzig!"
(Ich ekle mich vor mir selber.)
     Sie neigt  sich geheimnisvoll  dicht  zu mir, damit mich ihre  Haare im
Gesicht kitzeln, und flìstert:
     "Der Ferri, der war Ihnen frìher ein ganz ein Geriebener. - Er soll von
uraltem Adel gewesen  sein  - es ist natìrlich nur so  ein  Gerede, weil  er
keinen  Bart  nicht  tr€gt -  und  furchtbar  viel Geld  g'habt  habn.  Eine
rothaarige Jìdin, die schon von Jugend auf eine  Person war" - sie schrieb
wieder rasch ein paarmal ihren Namen auf -  "hat ihn dann ganz ausgezogen. -
Punkto  Geld mein'  ich natìrlich. No, und wie er  dann kein Geld nicht mehr
gehabt hat, ist sie weg und hat sich von einem  hohen Herrn heiraten lassen:
von dem  ..."  -  sie flìsterte  mir  einen Namen  ins  Ohr,  den  ich nicht
verstehe.  "Der hohe Herr hat dann natìrlich auf alle Ehre verzichten mìssen
und  sich von da an nur mehr Ritter von D€mmerich nennen dìrfen. No ja. Aber
da sie  frìher eine  Person  g'wesen ist,  hat  er  ihr  halt doch  nicht
wegwaschen kænnen. Ich sag immer -."
     "Fritzi! Zahlen!" ruft jemand von der Estrade herab. -
     Ich lasse  meine Blicke durch das Lokal  wandern, da hære ich plætzlich
ein leises metallisches Zirpen, wie von einer Grille, hinter mir.
     Ich drehe mich neugierig um. Traue meinen Augen nicht:
     Das Gesicht zur  Wand gekehrt, alt wie  Methusalem,  eine Spieldose, so
klein  wie  eine Zigarettenschachtel, in zitternden Skeletth€nden sitzt ganz
in sich  zusammengesunken - der blinde, greise Nephtali Schaffranek  in  der
Ecke und leiert mit der winzigen Kurbel.
     Ich trete zu ihm.
     Im Flìsterton singt er konfus vor sich hin:
     "Frau Pick,
     Frau Hock.
     Und rote, blaue Stern
     die schmusen allerhand.
     Von Messinung, an R€ucherl und Rohn."
     "- Hm. Fr€ulein!"
     "Bitte?"
     "Wem gehært das Kaffeehaus?"
     "Dem Herrn Kommerzialrat Loisitschek. -  Das ganze Haus gehært ihm. Ein
sehr feiner reicher Herr."
     - Aha, der Kerl  mit  den Schweinsz€hnen  an der Uhrkette! erinnere ich
mich. -
     Ich habe einen guten Einfall, der mich orientieren wird:
     "Fr€ulein!"
     "Bitte?"
     "Wann ist die steinerne Brìcke eingestìrzt?"
     "Vor dreiunddreiig Jahren."
     "Hm. Vor  dreiunddreiig  Jahren!" -  ich ìberlege: der Gemmenschneider
Pernath mu also jetzt fast neunzig sein.
     "Fr€ulein!"
     "Bitte?"
     "Ist  hier niemand unter den  G€sten, der sich noch erinnern kann,  wie
die alte Judenstadt  von damals ausgesehen hat? Ich bin  Schriftsteller  und
interessiere mich dafìr."
     Die Kellnerin denkt nach: "Von den G€sten? Nein. - Aber warten S':  der
Billardmarqueur,  der dort  mit einem Studenten Carambol spielt, - sehen Sie
ihn? Der  mit der Hakennase, der Alte, - der hat  immer hier gelebt und wird
Ihnen alles sagen. Soll ich ihn rufen, wenn er fertig ist?"
     Ich folgte dem Blick des M€dchens:
     Ein  schlanker,  weihaariger, alter Mann lehnt drìben  am Spiegel  und
kreidet seine Queue.  Ein verwìstetes, aber seltsam vornehmes Gesicht. Woran
erinnert er mich nur?
     "Fr€ulein, wie heit der Marqueur?"
     Die Kellnerin  stìtzt sich im Stehen mit dem Ellenbogen auf  den Tisch,
leckt  an einem Bleistift,  schreibt in Windeseile ihren Vornamen  unz€hlige
Male  auf die  Marmorplatte  und læscht ihn jedesmal mit nassem Finger rasch
wieder aus.  Dazwischen  wirft sie mir mehr oder  minder sengende Glutblicke
zu;  -  je  nachdem   sie  ihr  gelingen.   Unerl€lich  ist  natìrlich  das
gleichzeitige  Emporziehen der Augenbrauen, denn es erhæht  das M€rchenhafte
des Blickes.
     "Fr€ulein,  wie heit der  Marqueur?", wiederhole ich meine Frage.  Ich
sehe ihr an, sie h€tte lieber  gehært: Fr€ulein, warum tragen  Sie nicht nur
einen  Frack? oder  etwas hnliches, aber ich frage es nicht;  mir geht mein
Traum zu sehr im Kopf herum.
     "No,  wie  wird  er denn heien," schmollt sie, "Ferri  heit  er halt.
Ferri Athenst€dt."
     "So so? Ferri Athenst€dt! - Hm, - also wieder ein alter Bekannter."
     "Erz€hlen Sie mir doch recht, recht viel von ihm, Fr€ulein," girre ich,
mu mich aber sofort mit einem Kognak st€rken, "Sie plaudern gar so herzig!"
(Ich ekle mich vor mir selber.)
     Sie neigt  sich geheimnisvoll  dicht  zu mir, damit mich ihre  Haare im
Gesicht kitzeln, und flìstert:
     "Der Ferri, der war Ihnen frìher ein ganz ein Geriebener. - Er soll von
uraltem Adel gewesen  sein  - es ist natìrlich nur so  ein  Gerede, weil  er
keinen  Bart  nicht  tr€gt -  und  furchtbar  viel Geld  g'habt  habn.  Eine
rothaarige Jìdin, die schon von Jugend auf eine  Person war" - sie schrieb
wieder rasch ein paarmal ihren Namen auf -  "hat ihn dann ganz ausgezogen. -
Punkto  Geld mein'  ich natìrlich. No, und wie er  dann kein Geld nicht mehr
gehabt hat, ist sie weg und hat sich von einem  hohen Herrn heiraten lassen:
von dem  ..."  -  sie flìsterte  mir  einen Namen  ins  Ohr,  den  ich nicht
verstehe.  "Der hohe Herr hat dann natìrlich auf alle Ehre verzichten mìssen
und  sich von da an nur mehr Ritter von D€mmerich nennen dìrfen. No ja. Aber
da sie  frìher eine  Person  g'wesen ist,  hat  er  ihr  halt doch  nicht
wegwaschen kænnen. Ich sag immer -."
     "Fritzi! Zahlen!" ruft jemand von der Estrade herab. -
     Ich lasse  meine Blicke durch das Lokal  wandern, da hære ich plætzlich
ein leises metallisches Zirpen, wie von einer Grille, hinter mir.
     Ich drehe mich neugierig um. Traue meinen Augen nicht:
     Das Gesicht zur  Wand gekehrt, alt wie  Methusalem,  eine Spieldose, so
klein  wie  eine Zigarettenschachtel, in zitternden Skeletth€nden sitzt ganz
in sich  zusammengesunken - der blinde, greise Nephtali Schaffranek  in  der
Ecke und leiert mit der winzigen Kurbel.
     Ich trete zu ihm.
     Im Flìsterton singt er konfus vor sich hin:
     "Frau Pick,
     Frau Hock.
     Und rote, blaue Stern
     die schmusen allerhand.
     Von Messinung, an R€ucherl und Rohn."
      "Wissen Sie, wie der alte Mann heit?" frage ich  einen  vorbeieilenden
Kellner.
     "Nein, mein Herr, niemand kennt weder ihn noch seinen Namen. Er  selbst
hat ihn vergessen. Er ist ganz allein auf der Welt. Bitte, er ist  110 Jahre
alt! Er kriegt bei uns jede Nacht einen sogenannten Gnadenkaffee."
     Ich  beugte  mich  ìber  den  Greis,  -  rufe  ihm  ein  Wort ins  Ohr:
"Schaffranek!"
     Es durchf€hrt  ihn  wie  ein Blitz. Er  murmelt  etwas,  streicht  sich
sinnend ìber die Stirn.
     "Verstehen Sie mich, Herr Schaffranek?"
     Er nickt.
     "Passen Sie mal gut  auf!  Ich mæchte Sie etwas fragen, aus alter Zeit.
Wenn  Sie mir alles  gut beantworten, bekommen Sie den Gulden, den ich  hier
auf den Tisch lege."
     "Gulden",  wiederholt der Greis und  f€ngt sofort an, wie ein  Rasender
auf seiner zirpenden Spieldose zu kurbeln.
     Ich halte seine Hand fest:  "Denken Sie einmal nach! - Haben Sie  nicht
vor etwa 33 Jahren einen Gemmenschneider namens Pernath gekannt?"
     "Hadrbolletz!  Hosenschneider!"  - lallt er  asthmatisch auf und  lacht
ìbers ganze Gesicht,  in der  Meinung,  ich  h€tte  ihm  einen  famosen Witz
erz€hlt.
     "Nein, nicht Hadrbolletz: - - Pernath!"
     "Pereles?!" - er jubelt færmlich.
     "Nein, auch nicht Pereies. - Per-nath!"
     "Pascheies?!" - er kr€ht vor Freude. - -
     Ich gebe entt€uscht meinen Versuch auf.
     "Wissen Sie, wie der alte Mann heit?" frage ich  einen  vorbeieilenden
Kellner.
     "Nein, mein Herr, niemand kennt weder ihn noch seinen Namen. Er  selbst
hat ihn vergessen. Er ist ganz allein auf der Welt. Bitte, er ist  110 Jahre
alt! Er kriegt bei uns jede Nacht einen sogenannten Gnadenkaffee."
     Ich  beugte  mich  ìber  den  Greis,  -  rufe  ihm  ein  Wort ins  Ohr:
"Schaffranek!"
     Es durchf€hrt  ihn  wie  ein Blitz. Er  murmelt  etwas,  streicht  sich
sinnend ìber die Stirn.
     "Verstehen Sie mich, Herr Schaffranek?"
     Er nickt.
     "Passen Sie mal gut  auf!  Ich mæchte Sie etwas fragen, aus alter Zeit.
Wenn  Sie mir alles  gut beantworten, bekommen Sie den Gulden, den ich  hier
auf den Tisch lege."
     "Gulden",  wiederholt der Greis und  f€ngt sofort an, wie ein  Rasender
auf seiner zirpenden Spieldose zu kurbeln.
     Ich halte seine Hand fest:  "Denken Sie einmal nach! - Haben Sie  nicht
vor etwa 33 Jahren einen Gemmenschneider namens Pernath gekannt?"
     "Hadrbolletz!  Hosenschneider!"  - lallt er  asthmatisch auf und  lacht
ìbers ganze Gesicht,  in der  Meinung,  ich  h€tte  ihm  einen  famosen Witz
erz€hlt.
     "Nein, nicht Hadrbolletz: - - Pernath!"
     "Pereles?!" - er jubelt færmlich.
     "Nein, auch nicht Pereies. - Per-nath!"
     "Pascheies?!" - er kr€ht vor Freude. - -
     Ich gebe entt€uscht meinen Versuch auf.
      "Sie  wollten   mich  sprechen,  mein  Herr?",  -  der  Marqueur  Ferri
Athenst€dt steht vor mir und verbeugt sich kìhl.
     "Ja. Ganz richtig. - Wir kænnen dabei eine Partie Billard spielen."
     "Spielen Sie um Geld, mein Herr? Ich gebe Ihnen 90 auf 100 vor."
     "Also gut: um einen Gulden. Fangen Sie vielleicht an, Marqueur."
     Seine Durchlaucht nimmt das Queue, zielt, gickst, macht ein €rgerliches
Gesicht.  Ich kenne das:  er l€t  mich bis 9 kommen,  und dann  macht er in
einer Serie "aus".
     Mir wird immer kurioser zumute. Ich gehe direkt auf mein Ziel los:
     "Entsinnen  Sie  sich,  Herr  Marqueur: vor  langer Zeit,  etwa in  den
Jahren, als die  steinerne  Brìcke einstìrzte,  in der damaligen  Judenstadt
einen gewissen - Athanasius Pernath gekannt zu haben?"
     Ein Mann in einer rotweigestreiften Leinwandjacke, mit Schielaugen und
kleinen goldenen  Ohrringen, der auf einer Bank an  der  Wand sitzt und eine
Zeitung liest, f€hrt auf, stiert mich an und bekreuzigt sich.
     "Pernath? Pernath?" wiederholt der Marqueur und  denkt angestrengt nach
-  "Pernath?  -  War  er  nicht  gro,   schlank?  Braunes  Haar,  melierten
kurzgeschnittenen Spitzbart?"
     "Ja. Ganz richtig."
     "Etwa vierzig Jahre alt damals?  Er sah  aus wie --", Seine Durchlaucht
starrt  mich plætzlich  ìberrascht an.  - "Sie sind  ein Verwandter von ihm,
mein Herr?!"
     Der Schiel€ugige bekreuzigt sich.
     "Ich? Ein Verwandter? Komische Idee. - Nein. Ich interessiere  mich nur
fìr  ihn. Wissen Sie  noch mehr?", sage  ich gelassen,  fìhle aber, da  mir
eiskalt im Herzen wird.
     Ferri Athenst€dt denkt wieder nach.
     "Wenn  ich  nicht irre, galt  er  seinerzeit  fìr  verrìckt.  -  Einmal
behauptete  er, er hiee - warten Sie mal,  - ja:  Laponder! Und dann wieder
gab er sich fìr einen gewissen - Charousek aus."
     "Kein Wort  wahr!" f€hrt  der Schiel€ugige dazwischen.  "Den  Charousek
hat's wirklich gegeben. Mein Vater hat doch mehrere 1000 fl von ihm geerbt."
     "Wer ist dieser Mann?", fragte ich den Marqueur halblaut.
     "Er ist  F€hrmann und heit  Tschamrda. - Was den Pernath betrifft,  so
erinnere ich mich nur, oder glaube es wenigstens - da er in sp€teren Jahren
eine sehr schæne, dunkelh€utige Jìdin geheiratet hat."
     "Mirjam!"  sage  ich  mir  und werde  so aufgeregt, da  mir  die H€nde
zittern und ich nicht mehr weiterspielen kann.
     Der F€hrmann bekreuzigt sich.
     "Ja,  was  ist denn  heute mit  Ihnen los, Herr  Tschamrda?", fragt der
Marqueur erstaunt.
     "Der Pernath hat  niemals  nicht gelebt", schreit der Schiel€ugige los.
"Ich glaub's nicht."
     Ich  schenke  dem Mann sofort einen Kognak  ein, damit  er gespr€chiger
wird.
     "Es gibt ja wohl Leut', die sagen, der Pernath  lebt noch immer", rìckt
der  F€hrmann endlich heraus, "er is, hær  ich. Kammschneider und wohnt  auf
dem Hradschin."
     "Wo auf dem Hradschin?"
     Der F€hrmann bekreuzigt sich:
     "Das  ist es ja eben! Er wohnt, wo kein lebender Mensch wohnen kann: an
der Mauer zur letzten Latern."
     "Kennen Sie sein Haus, Herr - Herr - Tschamrda?"
     "Nicht  um die  Welt  mæcht  ich  dort  hinaufgehen!",  protestiert der
Schiel€ugige. "Wofìr halten Sie mich? Jesus, Maria und Josef!"
     "Aber  den  Weg hinauf  kænnten Sie mir  doch  von  weitem zeigen, Herr
Tschamrda?"
     "Das  schon", brummte der F€hrmann.  "Wenn Sie warten wollen bis  6 Uhr
frìh; dann geh ich zur Moldau  hinunter. Aber ich rat Ihnen ab! Sie  stìrzen
in den Hirschgraben und brechen Hals und Knochen! Heilige Muttergottes!"
     "Sie  wollten   mich  sprechen,  mein  Herr?",  -  der  Marqueur  Ferri
Athenst€dt steht vor mir und verbeugt sich kìhl.
     "Ja. Ganz richtig. - Wir kænnen dabei eine Partie Billard spielen."
     "Spielen Sie um Geld, mein Herr? Ich gebe Ihnen 90 auf 100 vor."
     "Also gut: um einen Gulden. Fangen Sie vielleicht an, Marqueur."
     Seine Durchlaucht nimmt das Queue, zielt, gickst, macht ein €rgerliches
Gesicht.  Ich kenne das:  er l€t  mich bis 9 kommen,  und dann  macht er in
einer Serie "aus".
     Mir wird immer kurioser zumute. Ich gehe direkt auf mein Ziel los:
     "Entsinnen  Sie  sich,  Herr  Marqueur: vor  langer Zeit,  etwa in  den
Jahren, als die  steinerne  Brìcke einstìrzte,  in der damaligen  Judenstadt
einen gewissen - Athanasius Pernath gekannt zu haben?"
     Ein Mann in einer rotweigestreiften Leinwandjacke, mit Schielaugen und
kleinen goldenen  Ohrringen, der auf einer Bank an  der  Wand sitzt und eine
Zeitung liest, f€hrt auf, stiert mich an und bekreuzigt sich.
     "Pernath? Pernath?" wiederholt der Marqueur und  denkt angestrengt nach
-  "Pernath?  -  War  er  nicht  gro,   schlank?  Braunes  Haar,  melierten
kurzgeschnittenen Spitzbart?"
     "Ja. Ganz richtig."
     "Etwa vierzig Jahre alt damals?  Er sah  aus wie --", Seine Durchlaucht
starrt  mich plætzlich  ìberrascht an.  - "Sie sind  ein Verwandter von ihm,
mein Herr?!"
     Der Schiel€ugige bekreuzigt sich.
     "Ich? Ein Verwandter? Komische Idee. - Nein. Ich interessiere  mich nur
fìr  ihn. Wissen Sie  noch mehr?", sage  ich gelassen,  fìhle aber, da  mir
eiskalt im Herzen wird.
     Ferri Athenst€dt denkt wieder nach.
     "Wenn  ich  nicht irre, galt  er  seinerzeit  fìr  verrìckt.  -  Einmal
behauptete  er, er hiee - warten Sie mal,  - ja:  Laponder! Und dann wieder
gab er sich fìr einen gewissen - Charousek aus."
     "Kein Wort  wahr!" f€hrt  der Schiel€ugige dazwischen.  "Den  Charousek
hat's wirklich gegeben. Mein Vater hat doch mehrere 1000 fl von ihm geerbt."
     "Wer ist dieser Mann?", fragte ich den Marqueur halblaut.
     "Er ist  F€hrmann und heit  Tschamrda. - Was den Pernath betrifft,  so
erinnere ich mich nur, oder glaube es wenigstens - da er in sp€teren Jahren
eine sehr schæne, dunkelh€utige Jìdin geheiratet hat."
     "Mirjam!"  sage  ich  mir  und werde  so aufgeregt, da  mir  die H€nde
zittern und ich nicht mehr weiterspielen kann.
     Der F€hrmann bekreuzigt sich.
     "Ja,  was  ist denn  heute mit  Ihnen los, Herr  Tschamrda?", fragt der
Marqueur erstaunt.
     "Der Pernath hat  niemals  nicht gelebt", schreit der Schiel€ugige los.
"Ich glaub's nicht."
     Ich  schenke  dem Mann sofort einen Kognak  ein, damit  er gespr€chiger
wird.
     "Es gibt ja wohl Leut', die sagen, der Pernath  lebt noch immer", rìckt
der  F€hrmann endlich heraus, "er is, hær  ich. Kammschneider und wohnt  auf
dem Hradschin."
     "Wo auf dem Hradschin?"
     Der F€hrmann bekreuzigt sich:
     "Das  ist es ja eben! Er wohnt, wo kein lebender Mensch wohnen kann: an
der Mauer zur letzten Latern."
     "Kennen Sie sein Haus, Herr - Herr - Tschamrda?"
     "Nicht  um die  Welt  mæcht  ich  dort  hinaufgehen!",  protestiert der
Schiel€ugige. "Wofìr halten Sie mich? Jesus, Maria und Josef!"
     "Aber  den  Weg hinauf  kænnten Sie mir  doch  von  weitem zeigen, Herr
Tschamrda?"
     "Das  schon", brummte der F€hrmann.  "Wenn Sie warten wollen bis  6 Uhr
frìh; dann geh ich zur Moldau  hinunter. Aber ich rat Ihnen ab! Sie  stìrzen
in den Hirschgraben und brechen Hals und Knochen! Heilige Muttergottes!"
      Wir gehen zusammen durch den Morgen; frischer Wind weht vom Flusse her.
Ich fìhle vor Erwartung kaum den Boden unter mir.
     Plætzlich taucht das Haus in der Altschulgasse vor mir auf.
     Jedes  Fenster  erkenne  ich wieder:  die  geschweifte  Dachrinne,  das
Gitter, die fettig gl€nzenden Steinsimse - alles, alles!
     "Wann ist  dieses Haus  abgebrannt?",  frage ich den Schiel€ugigen.  Es
braust mir in den Ohren vor Spannung.
     "Abgebrannt? Niemals nicht!"
     "Doch! Ich wei es bestimmt."
     "Nein."
     "Aber ich wei es doch! Wollen Sie wetten?"
     "Wieviel?"
     "Einen Gulden."
     "Gemacht!" -  Und Tschamrda holt den  Hausmeister  heraus.  "Ist dieses
Haus jemals abgebrannt?"
     "I woher denn!" Der Mann lacht. -
     Ich kann und kann es nicht glauben.
     "Schon  siebzig  Jahr' wohn  ich drin," beteuert der  Hausmeister, "ich
mìt's doch wahrhaftig wissen."
     - - - Sonderbar, sonderbar! - - -
     Wir gehen zusammen durch den Morgen; frischer Wind weht vom Flusse her.
Ich fìhle vor Erwartung kaum den Boden unter mir.
     Plætzlich taucht das Haus in der Altschulgasse vor mir auf.
     Jedes  Fenster  erkenne  ich wieder:  die  geschweifte  Dachrinne,  das
Gitter, die fettig gl€nzenden Steinsimse - alles, alles!
     "Wann ist  dieses Haus  abgebrannt?",  frage ich den Schiel€ugigen.  Es
braust mir in den Ohren vor Spannung.
     "Abgebrannt? Niemals nicht!"
     "Doch! Ich wei es bestimmt."
     "Nein."
     "Aber ich wei es doch! Wollen Sie wetten?"
     "Wieviel?"
     "Einen Gulden."
     "Gemacht!" -  Und Tschamrda holt den  Hausmeister  heraus.  "Ist dieses
Haus jemals abgebrannt?"
     "I woher denn!" Der Mann lacht. -
     Ich kann und kann es nicht glauben.
     "Schon  siebzig  Jahr' wohn  ich drin," beteuert der  Hausmeister, "ich
mìt's doch wahrhaftig wissen."
     - - - Sonderbar, sonderbar! - - -
      Der  F€hrmann  rudert mich in  seinem  Kahn, der  aus acht ungehobelten
Brettern besteht, mit komischen schiefen Zuckbewegungen ìber die Moldau. Die
gelben Wasser  sch€umen gegen  das Holz. Die D€cher  des Hradschins glitzern
rot in  der Morgensonne.  Ein  unbeschreiblich  feierliches Gefìhl  ergreift
Besitz von mir.  Ein leise d€mmerndes Gefìhl wie aus  einem frìheren Dasein,
als sei die Welt  um mich her verzaubert -  eine traumhafte Erkenntnis,  als
lebte ich zuweilen an mehreren Orten zugleich.
     Ich steige aus.
     "Wieviel bin ich schuldig, Herr Tschamrda?"
     "Einen  Kreuzer.  Wenn Sie  mitg'holfen  h€tten rudern,  - h€tt's  zwei
Kreuzer 'kost."
     Der  F€hrmann  rudert mich in  seinem  Kahn, der  aus acht ungehobelten
Brettern besteht, mit komischen schiefen Zuckbewegungen ìber die Moldau. Die
gelben Wasser  sch€umen gegen  das Holz. Die D€cher  des Hradschins glitzern
rot in  der Morgensonne.  Ein  unbeschreiblich  feierliches Gefìhl  ergreift
Besitz von mir.  Ein leise d€mmerndes Gefìhl wie aus  einem frìheren Dasein,
als sei die Welt  um mich her verzaubert -  eine traumhafte Erkenntnis,  als
lebte ich zuweilen an mehreren Orten zugleich.
     Ich steige aus.
     "Wieviel bin ich schuldig, Herr Tschamrda?"
     "Einen  Kreuzer.  Wenn Sie  mitg'holfen  h€tten rudern,  - h€tt's  zwei
Kreuzer 'kost."
      Denselben Weg, den ich  heute  nacht im Schlaf  schon  einmal gegangen,
wandere ich wieder empor: die kleine,  einsame Schlostiege.  Mir klopft das
Herz und ich wei voraus: jetzt kommt der kahle Baum, dessen  ste ìber  die
Mauer herìbergreifen.
     Nein: er ist mit weien Blìten bes€t.
     Die Luft ist voll von sìem Fliederhauch.
     Zu meinen  Fìen liegt die Stadt im ersten  Licht wie  eine  Vision der
Verheiung.
     Kein Laut. Nur Duft und Glanz.
     Mit geschlossenen  Augen kænnte ich  mich  hinauffinden in die  kleine,
kuriose Alchimistengasse, so vertraut ist mir plætzlich jeder Schritt.
     Aber,  wo  heute  nacht  das  Holzgitter  vor  dem weischimmemden Haus
gestanden  hat,  schliet  jetzt  ein  prachtvolles, gebauchtes, vergoldetes
Gitter die Gasse ab.
     Zwei Eibenb€ume ragen aus blìhendem,  niederem Gestr€uch und flankieren
das Eingangstor der Mauer, die hinter dem Gitter entlang l€uft.
     Ich  strecke  mich, um  ìber  das  Strauchwerk  hinìberzusehen, und bin
geblendet von neuer Pracht:
     Die Gartenmauer  ist ganz mit Mosaik bedeckt. Tìrkisblau mit  goldenen,
eigenartig gemuschelten Fresken, die den  Kult des €gyptischen Gottes Osiris
darstellen.
     Das Flìgeltor ist  der Gott selbst: ein  Hermaphrodit aus zwei H€lften,
die  die Tìre bilden, - die rechte weiblich, die linke m€nnlich. -  Er sitzt
auf einem kostbaren, flachen Thron aus Perlmutter - im Halbrelief - und sein
goldener  Kopf ist der  eines Hasen. Die Ohren sind in die Hæhe gestellt und
dicht  aneinander,  da   sie  aussehen   wie   die  beiden   Seiten   eines
aufgeschlagenen Buches. -
     Es riecht nach Tau, und Hyazinthenduft weht ìber die Mauer herìber. - -
-
     Lange stehe ich wie versteinert da und staune. Mir wird, als tr€te eine
fremde Welt  vor  mich,  und ein  alter G€rtner  oder Diener  mit  silbernen
Schnallenschuhen,  Jabot und sonderbar zugeschnittenem  Rock kommt von links
hinter dem  Gitter auf mich  zu  und  fragt mich durch  die  St€be, was  ich
wìnsche.
     Ich reiche ihm stumm den eingewickelten Hut Athanasius Pernaths hinein.
     Er nimmt ihn und geht durch das Flìgeltor.
     Als es sich æffnet, sehe ich dahinter ein tempelartiges, marmornes Haus
und auf seinen Stufen:
        ATHANASIUS PERNATH
     und an ihn gelehnt:
        MIRJAM,
     und beide schauen hinab in die Stadt.
     Einen  Augenblick wendet  sich Mirjam  um,  erblickt mich, l€chelt  und
flìstert Athanasius Pernath etwas zu.
     Ich bin gebannt von ihrer Schænheit.
     Sie ist so jung, wie ich sie heut nacht im Traum gesehen.
     Athanasius  Pernath dreht  sich  langsam  zu mir,  und mein Herz bleibt
stehen:
     Mir ist,  als s€he ich mich im Spiegel, so €hnlich ist sein Gesicht dem
meinigen.
     Denselben Weg, den ich  heute  nacht im Schlaf  schon  einmal gegangen,
wandere ich wieder empor: die kleine,  einsame Schlostiege.  Mir klopft das
Herz und ich wei voraus: jetzt kommt der kahle Baum, dessen  ste ìber  die
Mauer herìbergreifen.
     Nein: er ist mit weien Blìten bes€t.
     Die Luft ist voll von sìem Fliederhauch.
     Zu meinen  Fìen liegt die Stadt im ersten  Licht wie  eine  Vision der
Verheiung.
     Kein Laut. Nur Duft und Glanz.
     Mit geschlossenen  Augen kænnte ich  mich  hinauffinden in die  kleine,
kuriose Alchimistengasse, so vertraut ist mir plætzlich jeder Schritt.
     Aber,  wo  heute  nacht  das  Holzgitter  vor  dem weischimmemden Haus
gestanden  hat,  schliet  jetzt  ein  prachtvolles, gebauchtes, vergoldetes
Gitter die Gasse ab.
     Zwei Eibenb€ume ragen aus blìhendem,  niederem Gestr€uch und flankieren
das Eingangstor der Mauer, die hinter dem Gitter entlang l€uft.
     Ich  strecke  mich, um  ìber  das  Strauchwerk  hinìberzusehen, und bin
geblendet von neuer Pracht:
     Die Gartenmauer  ist ganz mit Mosaik bedeckt. Tìrkisblau mit  goldenen,
eigenartig gemuschelten Fresken, die den  Kult des €gyptischen Gottes Osiris
darstellen.
     Das Flìgeltor ist  der Gott selbst: ein  Hermaphrodit aus zwei H€lften,
die  die Tìre bilden, - die rechte weiblich, die linke m€nnlich. -  Er sitzt
auf einem kostbaren, flachen Thron aus Perlmutter - im Halbrelief - und sein
goldener  Kopf ist der  eines Hasen. Die Ohren sind in die Hæhe gestellt und
dicht  aneinander,  da   sie  aussehen   wie   die  beiden   Seiten   eines
aufgeschlagenen Buches. -
     Es riecht nach Tau, und Hyazinthenduft weht ìber die Mauer herìber. - -
-
     Lange stehe ich wie versteinert da und staune. Mir wird, als tr€te eine
fremde Welt  vor  mich,  und ein  alter G€rtner  oder Diener  mit  silbernen
Schnallenschuhen,  Jabot und sonderbar zugeschnittenem  Rock kommt von links
hinter dem  Gitter auf mich  zu  und  fragt mich durch  die  St€be, was  ich
wìnsche.
     Ich reiche ihm stumm den eingewickelten Hut Athanasius Pernaths hinein.
     Er nimmt ihn und geht durch das Flìgeltor.
     Als es sich æffnet, sehe ich dahinter ein tempelartiges, marmornes Haus
und auf seinen Stufen:
        ATHANASIUS PERNATH
     und an ihn gelehnt:
        MIRJAM,
     und beide schauen hinab in die Stadt.
     Einen  Augenblick wendet  sich Mirjam  um,  erblickt mich, l€chelt  und
flìstert Athanasius Pernath etwas zu.
     Ich bin gebannt von ihrer Schænheit.
     Sie ist so jung, wie ich sie heut nacht im Traum gesehen.
     Athanasius  Pernath dreht  sich  langsam  zu mir,  und mein Herz bleibt
stehen:
     Mir ist,  als s€he ich mich im Spiegel, so €hnlich ist sein Gesicht dem
meinigen.
      Dann  fallen die  Flìgel  des  Tores zu, und ich erkenne nur  noch  den
schimmernden Hermaphroditen.
     Der  alte Diener gibt mir meinen Hut und sagt  -  ich hære seine Stimme
wie aus den Tiefen der Erde -:
     "Herr Athanasius  Pernath l€t  verbindlichst  danken  und  bittet, ihn
nicht fìr  ungastfreundlich zu halten,  da  er  Sie nicht einl€dt,  in  den
Garten zu kommen, aber es ist strenges Hausgesetz so von alters her.
     Ihren  Hut, soll ich ausrichten, habe  er nicht aufgesetzt, da ihm  die
Verwechslung sofort aufgefallen sei.
     Er  wolle  nur  hoffen,  da  der  seinige  Ihnen  keine  Kopfschmerzen
verursacht habe."
     Dann  fallen die  Flìgel  des  Tores zu, und ich erkenne nur  noch  den
schimmernden Hermaphroditen.
     Der  alte Diener gibt mir meinen Hut und sagt  -  ich hære seine Stimme
wie aus den Tiefen der Erde -:
     "Herr Athanasius  Pernath l€t  verbindlichst  danken  und  bittet, ihn
nicht fìr  ungastfreundlich zu halten,  da  er  Sie nicht einl€dt,  in  den
Garten zu kommen, aber es ist strenges Hausgesetz so von alters her.
     Ihren  Hut, soll ich ausrichten, habe  er nicht aufgesetzt, da ihm  die
Verwechslung sofort aufgefallen sei.
     Er  wolle  nur  hoffen,  da  der  seinige  Ihnen  keine  Kopfschmerzen
verursacht habe."